Page 17 - Zeitschrift der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg
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chen Nachmittagen hilft er mir auch, Gitar- ren-Anfänger mit zu unterrichten, indem er z.B. mit großer Geduld 60 Minuten lang zwei Akkorde mit gleichaltrigen Schülern übt. Ich unterstütze Jawid bei Auftritten. Leider hat er gerade keine gute eigene Gitarre, da möchte ich ihm gerne noch helfen, einen Sponsor zu finden.
© Bo Lahola
Sehr schön wäre es, wenn Jawid seinen Wunsch, Musik zu studieren, umsetzen könnte. Mit seinen musikalischen Fähigkeiten, seiner Ruhe und Ge- duld sehe ich ihn als einen Vermittler zwischen den Kulturen. Die Jugendmusikschule wird ihm auf diesem Wege die beste Unterstützung anbieten.
Eine Schwierigkeit, die wir gemeinsam überwin- den müssen, ist die Ungeduld. Einer Gruppe von Kindern hatte ich etwas auf der Geige vorge- spielt. Ein Junge bekam das erste Mal die Geige in die Hand und es klappte nicht so, wie er es sich vorgestellt hat. Daraufhin kam er zu mir, hielt mir die Geige hin und sagte: „Kaputt“! Wenn der
Wunsch dann gewachsen ist, etwas wirklich lernen zu wollen, erlebe ich großes Durchhaltevermögen. Beim Üben von Technik höre ich allerdings oft beim ersten Versuch: „Das werde ich nie lernen“. Normalerweise sind die Schüler übrigens mehr als 60 Minuten bei mir.
Die Jugendlichen gehen oft in eine Internationale Vorbereitungsklasse (IVK), die Grundschulkinder in die Schule des Camps. Der wöchentliche Mu- sikunterricht ist in dieser Umgebung eine wich- tige Gelegenheit, um die deutsche Sprache zu lernen. Die Kinder und Jugendlichen lernen schnell Wörter wie „Daumen locker“, „streichen“ oder „Oktave“, gleichzeitig probieren sie sich auch sprachlich aus, indem sie eigene Wörter erfinden, über die wir viel zusammen lachen.
Ein letztes Beispiel soll meinen Bericht abrunden: Im letzten Winter war Arian unglücklich darüber, wie sehr sich die Geige innerhalb einer Woche verstimmte. Er wollte sich von mir verabschieden und sagte: „Kannst du nochmal Tschüss-stim- men?“. Regelmäßig fragte er auch am Ende des Unterrichts: „Hast du noch eine traurige Note für mich?“ Eine traurige Note bedeutet für ihn ein trauriges Lied, ein Lied in Moll. Die Steigerung davon ist dann: „Hast du noch eine richtig trau- rige Note für mich?“ Wenn ich ihm dann etwas geben kann, ist die Woche gerettet, denn er hat etwas, was er bis zum folgenden Unterricht neu lernen kann.
Cornelia Gottesleben Lehrkraft Violine
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